Merkel, bleib standhaft!

In Irland gab es ein Referendum in dem entschieden wurde, ob es künftig möglich sein soll, dass auch gleichgeschlechtliche Paare so richtig echt heiraten dürfen. Man liest immer, dass Irland so ein superkatholisches Land ist und dass das Ergebnis dieser Volksabstimmung an Pfingsten(!) total überraschend war. Zum einen war die Wahlbeteiligung ungewöhnlich hoch und zum anderen hat der Anteil der Ja-Stimmen die Erwartungen aller Beteiligten übertroffen. Wow!
Für mich ist nach wie vor grausam, dass über Gleichstellung/Gleichberechtigung/Menschenrechte abgestimmt werden muss. Sei es ein Parlament oder seien es die Wahlberechtigten eines Landes. Darüber zu verhandeln und abzustimmen ob eine Gruppe nun gleiche Rechte bekommen soll wie die Allgemeinheit oder nicht, ist absurd. Und wenn ich den Gedanken weiter spinne: Wie beklemmend wäre es wohl gewesen, wenn bei ähnlich hoher Wahlbeteiligung eine eindeutige Absage an die Öffnung der Ehe erteilt worden wäre? Wäre in Deutschland eine Volksabstimmung möglich und man hätte eindeutig für weitere Diskriminierung abgestimmt, wäre ich einen Tag später ausgewandert. Auf eine Insel.

Nun hat die frohe Botschaft aus Irland auch in Deutschland die Diskussion um Eingetragene Lebenspartnerschaft und Ehe neu entfacht. Relativ schnell entstand das Hashtag #EhefürAlle in den sozialen Medien und übereilte Online-Petitionen werden gestartet. Bundesjustizminister Heiko Maas hat gerade - wahrscheinlich zufällig mitten in der Debatte - so einen Gesetzesentwurf zum Abbau einiger Diskriminierungen der Eingetragenenen Lebenspartnerschaft vorgelegt. Das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ist jedoch nicht dabei und die Unzufriedenheit groß. Wir wollen uns nicht so billig abspeisen lassen.
Hinzu kommt, dass kurz nun auch in Grönland ("Boah, sogar Grööönland, ey!") die Ehe geöffnet wurde und alle nur noch peinlich finden was in Deutschland abgeht. Besonders beschämend war dann noch das behämmerte Herumgeeiere von Regierungssprecher Steffen Seibert rund um Abbau von Diskriminierung, Gleichsetzung, Gleichstellung.

Gebt euch mal diese dreieinhalb Minuten. Das ist die Essenz der Gleichstellungspolitik unserer Bundesregierung. Mit allen Argumenten.

Bevor ich zum eigentlichen Kern dieses eilig hingerotzten Pamphlets komme, möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass jedes Gedresche auf die CDU/CSU zwar grundsätzlich berechtigt ist. Wie ich bereits häufiger angemerkt habe, ist auch Angela Merkel homophob. Aber die Bundesregierung besteht auch aus der SPD. Die Partei die uns im Wahlkampf gesagt hat, dass sie - und nur sie! - uns die Gleichstellung bringt. Die Partei die auf jeden CSD Luftballons mitgebracht hat auf denen stand: "100% Gleichstellung nur mit uns!", die auf Kundgebungen und Podiumsdiskussionen erklärt hat, dass die Öffnung der Ehe ein erklärtes Ziel ist und wir sie nur wählen sollen um endlich Gleichberechtigung zu erfahren. Diese Partei sitzt mit in der Regierung und hat ihr Versprechen gebrochen. Schon in der Weimarer Republik gab es hierzu eine nette Parole von der KPD...

Nun aber zum Eigentlichen! Wir sehen wie der Druck auf Merkel wächst. Es gibt Petitionen und Kampagnen, viele große Zeitungen (außer der homophoben FAZ) schreiben lange Artikel, sogar in der Tagesschau gab es einen sehr intelligenten Kommentar. Während zuvor immer mit dem Gedanken an Gerechtigkeit und dem Abbau von Diskriminierung in einem modernen Land argumentiert wurde, geht der Inhalt nun durchaus in eine Richtung die Merkel und die ganzen anderen Ewiggestrigen interessieren dürfte: Eine Mehrheit im Parlament will die absolute Gleichstellung genauso wie eine Mehrheit der potenziellen Wähler_innen. Wer jetzt keine Stimmen verlieren will, muss auf den schwulperversen Gleichstellungszug aufspringen. Wer jetzt noch hart bleibt, gilt nicht nur wie zuvor auch schon als homphob, menschenfeindlich, eiskalt, herzlos und blutleer, sondern zudem auch noch als dumm!

Und genau deshalb rufe ich Angela Merkel zu: BITTE, BITTE, BITTE MIT GANZ VIEL ZUCKER OBEN DRAUF: MACH ES NICHT!


Frau Bundeskanzler, bleib standhaft und lass dich nicht beirren! Steh zu deiner Stamm(tisch)wählerschaft und lass dich nicht von dieser linksgrünen Modewelle umreißen. Welche neue absurde Begründung du dafür nimmst, ist mir vollkommen egal. Das Bauchgefühl ist sowieso nicht zu toppen. Hauptsache du lässt die Ehe weiter unangetastet! Denk ans Kindeswohl!

Ich weiß, dass viele von uns nun endlich ein Ende dieser strukturellen Diskriminierung sehen wollen.
Ich weiß, dass viele von uns endlich in einem Land leben wollen, in dem sie nicht mehr Menschen zweiter Klasse sind.
Ich weiß auch, dass die Uhr tickt.
Aber ganz ehrlich: Wenn diese Regierung nun die Ehe öffnet und uns endlich alle Rechte gibt, die uns zustehen, dann dürfen wir uns das FÜR IMMER anhören. Ich habe jetzt schon die zukünftige Geschichtsklitterung der Union im Ohr: "Wir haben ja damals die Homosexuellen gleichgestellt!", "100% Gleichstellung, das haben wir geschafft!".
Nein, Nein und nochmals Nein! Das würde ich niemals aushalten! Wenn ich mir vorstelle, dass ich in den folgenden Jahren immer wieder gesagt bekomme, dass ich Angela Merkel und dem restlichen homophoben Haufen nun auch noch dankbar sein soll, weil sie damals in ihrer Regierung dem öffentlichen Druck nicht mehr standhalten konnten. Das geht nicht!
Schon als das BVG verfassungswidrige Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Paaren angeprangert hat und die CDU nach langem Hinauszögern zähneknirschend diese Urteile umsetzen musste, hat sie im Folgenden so getan, als sei das auf ihrem Mist gewachsen, um uns zu verarschen.
Bevor wir das tausendmal schlimmer und für immer erleben müssen, warte ich lieber auf eine andere Regierung.

Mit dieser Merkel keine Gleichstellung!


Update: Die Freundin aller Kinder schmettert erst mal einem 17-jähren Schwulen entgegen dass sie sich "da jetzt nicht verbiegen"wird und bringt dann ein Flüchtlingsmädchen zum Weinen. Bravo!
Video bei bundeskanzlerin.de: http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-13-gut-leben-buergerdialog.html

Kommentar schreiben

Kommentare: 0