Rede CSD Aschaffenburg 2016

Am 11. Juni fand der dritte Christopher Street Day in Aschaffenburg statt.
In diesem Jahr hielten sich die Angriffe auf die Veranstaltung in Grenzen. Während im letzten Jahr noch homophobe Banner von einer Straßenbrücke hingen und der Kundgebungsort mit "No Homo"-Stickern vollgeklebt war, schien es diesmal im Vorfeld des CSD ruhig gewesen zu sein. Na ja, nicht ganz: Beim Dreh des Werbevideos wurde die Jugendinitiative rAinBows, die auch gleichzeitig den CSD organisiert von Deppen angegriffen (Bericht aus dem Main-Echo)
Es war also auch an diesem Tag wieder wichtig, nach Aschaffenburg zu reisen und mit 800 anderen Menschen gemeinsam für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung zu demonstrieren.

Ich durfte bei der Kundgebung auf dem Theaterplatz auch etwas sagen:

Hallo meine lieben Menschen!

Ich freue mich ganz besonders, dass ich trotz meiner Rede im letzten Jahr auch bein dritten Christopher Street Day hier mit euch in Aschaffenburg dabei sein darf!
Ich freue mich vor allem deshalb, weil der Aschaffenburger CSD wahrscheinlich der einzige in ganz Deutschland ist, der von einer Jugendinitiative organisiert und durchgeführt wird! Respekt!
Das kann man nicht oft genug betonen: Ihr seid ein Knaller!

 Das diesjährige Motto lautet „MAIN.farbenfroh“
Schlicht und ergreifend feiern und fordern wir heute einen farbenfrohen Untermain.
Und man muss schon sagen: Gerade in der letzten Zeit ist es offenbar wieder umso wichtiger geworden zu sagen, dass unsere Stadt, unser Dorf, unsere Region oder das Land in dem wir leben farbenfroh und bunt ist.

Wir leben in einer Zeit in der unsere Gesellschaft sich ausdifferenziert und facettenreicher wird. Hiermit meine ich nicht allein sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, sondern auch die große Zahl an Menschen die zu uns kommt, für länger, für kürzer oder für immer.

Wir leben aber auch in einer Zeit in der Menschen sich auf undenkbar einfältige, asoziale oder auch kriminelle Weise gegen eine vielfältige und bunte Gesellschaft stellen.
Wir sind konfrontiert mit allen möglichen Auswüchsen von Vielfaltsgegner_innen. Nicht nur die religiösen Fundi-Deppen, die in den letzten Jahren in Stuttgart gegen Schwule und Lesben demonstriert und gebetet haben. Sondern auch die doofen Schafe, die auch noch glauben, dass sie mit Petitionen gegen Schulaufklärung verhindern können, dass ihre Kinder womöglich schwul werden. Also mal ganz ehrlich: Wenn Kinder durch die bloße Konfrontation mit etwas sofort zu genau dem werden… dann stünde ich hier heute vor euch als Romy Schneider im Sissi-Kleid.

Aber die Vielfaltsfeind_innen sitzen nicht nur wütend an ihren Rechnern und vergiften die Kommentarspalten mit ihren Hasstiraden gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*. Sie sitzen auch in den Parlamenten.
Und damit meine ich nicht nur Teile der Bundesregierung, die sich nach wie vor gegen die Öffnung der Ehe sperren, Kinder aus Regenbogenfamilien benachteiligen und eine Entschädigung der Opfer des § 175 aussitzen. Oder die an einem diskriminierenden Transsexuellengesetz festhalten und keine klaren Verhältnisse zum Schutz von Intersexuellen schaffen.
Nein, ich meine jene Vielfaltsgegner_innen, die im Thüringer Landtag die Zählung von Homosexuellen und Transsexuellen verlangen. Ich meine die, die in einer Parlamentssitzung in Magdeburg von der Hinterbank aus Gefängnisstrafen für Homosexuelle fordern.
Ich meine die, die versuchen, mit Nazi-Parolen und dreisten Lügen Stimmung zu machen,
die, denen die Farbe braun gerade so farbenfroh genug ist.

Ja Leute, es tut mir leid, aber wir müssen heute mal über Nazis reden.

Kaum eine Woche vergeht, in der keine menschenverachtende Parole von Rassist_innen, Rechten und sogenannten Konservativen in irgendein Mikrofon skandiert wird. Und statt offen dazu zu stehen, dass sie die neuen Nazis sind, verstecken sich diese Feiglinge hinter nachgeschobenen Relativierungen und der verlogenen Behauptung für eine schweigende Mehrheit zu sprechen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben es mit einer schreienden Minderheit zu tun.
Die Mehrheit das sind wir!

Sie geben sich harmlose Namen, nennen sich Patrioten und Alternative oder behaupten sie seien „für Alle“. Aber statt „die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen“, wie sie behaupten, sind es diese Besorgnis erregenden Bürger_innen, die die Ängste erst schüren, die brandstiften, die die Menschen aufbringen gegen Minderheiten und mit Lügen und markigen Sprüchen versuchen, die Gesellschaft zu teilen.

Sie nennen sich Islam-Kritiker, sind aber Rassist_innen
Sie propagieren Familienschutz, aber nur um uns krank, pervers und kriminell zu nennen
Sie sehen sich gerne als besorgte Bürger, sie sind es aber, die den Terror bringen

Was wir dagegen tun können, ist, dem so laut es nur geht zu widersprechen. Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, die Straßen frei zu halten von rechtem Populismus. Es geht uns alle an, wenn rassistische Aufrührer sich in der Stadthalle breitmachen wollen. Wir alle sind zum Handeln aufgerufen, wenn wir eine bunte, eine farbenfrohe Gesellschaft erhalten wollen.

Wir müssen klar machen: Wer gegen Geflüchtete hetzt, hetzt auch gegen uns. Wer ihre Unterkünfte angreift, greift auch uns an.
Wir sind wehrhaft und entschlossen.

Die neuen Nazis suchen sich stets ein neues Ziel für ihren Hass. Muslime, Geflüchtete, Homos, Juden. Sie sehnen sich nach einem Gefühl der Erhabenheit über andere Menschen. Sie glauben dass sie mehr verdient haben als andere, dass ihnen mehr Rechte und Privilegien zustehen. Und sie wissen, dass sie sich nur erhaben und groß fühlen können, wenn sie andere benachteiligen und klein halten.
Aber Menschenrechte sind unteilbar.
Die aktuellen Entwicklungen aufzuhalten geht uns alle an. Da helfen nur Solidarität und Zusammenhalt.

Deshalb rufe ich euch alle auf: Macht Schritte aufeinander zu, geht breite Bündnisse ein und erhebt gemeinsam eure Stimmen.

Wenn sie Lügen verbreiten, dann widersprecht.
Wenn sie angreifen, dann setzt euch zur Wehr
Wenn sie marschieren,  dann stellt euch ihnen in den Weg
Wenn sie Mauern und Zäune errichten, dann reißt sie ein

Lasst uns alle gemeinsam weiter arbeiten, an einem bunten und farbenfrohen Aschaffenburg. Ohne Homophobie, Ohne Transphobie, Ohne Rassismus und schlicht ohne Diskriminierung
Braun ist keine Farbe des Regenbogens!

Stonewall was a riot – Refugees welcome – Nazis raus – Danke

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